Der Streit um die Frage, ob Holz eine erneuerbare Energie ist, die CO2-neutral zum Heizen genutzt werden kann, geht in eine neue Runde: Das Umweltbundesamt hat unlängst beim Institut für Klimaschutz, Energie und Mobilität e.V. (IKEM), einem An-Institut der Universität Greifswald, ein Gutachten in Auftrag gegeben, das die energetische Holznutzung aus Juristen-Sicht bewerten soll. Nun liegt das Gutachten vor, mehrere Professoren widersprechen. Und die Initiative #ofenzukunft hofft durch den Wachwechsel in Berlin auf neuen Wind in Dessau.
Markus Lehnshack, Jurist am IKEM, stellt mit Blick auf die nationale Ebene im Gesamtkonzept der Klimagesetzgebung fest, „übermäßiger Konsum (von Holz) soll durch einzelne Gesetze verhindert werden“. Potenziale zur Einschränkung der Nutzung sieht er im Einzelnen im Nachschärfen der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED) der EU, in den Regeln zum nationalen wie europäischen Emissionshandel, im Nachschärfen von KWKG und EnWG, im GEG, in der Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten (EUDR) oder in der Einführung einer BioWärme-Nachhaltigkeitsverordnung, um die Kaskadennutzung gesetzlich zu verankern.
„Behauptung ist nicht gerichtsfest“
Die Arbeit des Juristen wurde jüngst von Forst- und Klimawissenschaftlern überprüft. Stellung dazu nahmen Prof. a.D. Roland Irslinger (Tübingen), Prof. em. Dr. Dr.h.c. Ernst-Detlef Schulze (Jena) und Prof. i.R. Dr. Drs. h.c. Albrecht Bemmann (Dresden) in einem zehnseitigen Brief an die Institutsleiterin Leonie Durschang vom IKEM. Ihr Fazit ist eindeutig: „Holz-Biomasse aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern ist erneuerbare Energie. Die CO2-Neutralität von Holz ist eine systemimmanente Eigenschaft nachhaltiger Waldwirtschaft, unabhängig davon, ob das Holz stofflich oder energetisch verwertet wird. Die Behauptung, der Brennstoff Holz sei nicht CO2-neutral, ist wissenschaftlich nicht haltbar und daher auch nicht gerichtsfest.“
Im Wald verrottendes Holz setzt CO2 auch frei
Von einer gesetzlichen Verankerung der Kaskadennutzung halten die Experten für Wald und Klima nicht viel: „Eine juristische Verankerung
des Kaskadenprinzips, wonach Holz nur nach vorheriger stofflicher Nutzung energetisch genutzt werden darf, würde bedeuten, dass das Waldrestholz ungenutzt im Wald liegen bliebe. Dies hätte in Deutschland zusätzliche fossile CO2-Emissionen in einer Größenordnung von 15 bis 20 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr zur Folge, weil stattdessen fossile Energieträger anstelle von Holz eingesetzt würden. Würde man das Waldrestholz im Wald belassen, würde die gleiche Menge an CO2 durch Verrottung im selben Zeitraum freigesetzt werden wie beim Verbrennen. Die natürliche Zersetzung läuft sehr schnell ab, so verrottet Buchenstammholz zu 50 Prozent in nur sechs Jahren, dünneres Waldrestholz noch viel schneller.“
Neue Regierung muss Fokus aufweiten
„Das UBA hört von alleine nicht auf, das Heizen mit Holz mehr und mehr zu verunglimpfen. Wir erwarten, dass die neue Regierung das Thema höher priorisiert und den Fokus deutlich aufweitet“, sagt Robert Mülleneisen, Sprecher der Initiative #ofenzukunft. Politische Entscheidungen sollten besser auf Basis von Fakten als auf Ideologien getroffen werden.
