Jens Hilt (53) kritisiert selten laut. Aber wenn der Holzofen falsch dargestellt wird , kann der Bundesfachgruppenleiter des Ofen- und Luftheizungsbau im Zentralverband Sanitär Heizung Klima (SHK) des deutschen Handwerks schon mal deutlich werden. Denn der Kachelofen- und Luftheizungsbaumeister aus Ostwestfalen, kennt als Mitglied des vierköpfigen Führungsteams in der Vereinigung Europäischer Verbände des Kachelofenbauer-/Hafner-Handwerks (VEUKO) sowie als Beirat in der Initiative #ofenzukunft nicht nur die Herausforderungen in Deutschland, sondern auch in Europa bestens. Seine Forderung lautet: Wer mitreden will, sollte sich vorher die Mühe machen, das Thema Heizen mit Holz in seiner gesamten Bedeutung zu durchdringen.
Die Deutsche Umwelthilfe fordert eine Staubabscheiderpflicht für jeden Holzofen. Wie finden Sie das?
Mehreren Millionen Nutzern einer Feuerstätte wurde mit der BImSchV bis 2024 viel zugemutet: Wenige haben Staubabscheider nachgerüstet, die Mehrzahl hat sich für einen Austausch ihrer Feuerstellen entschieden. Und viele dieser Ofenbesitzer haben sogar deutlich mehr ausgegeben, als sie gemusst hätten, und in moderne, sparsame und effizientere Feuerstätten investiert. Damit wird nicht nur deutlich weniger Feinstaub emittiert, sondern auch die Ressourcen im Wald geschont. Den Ofenbesitzern nun erneut eine Nachrüstpflicht für Partikelabscheider aufbürden zu wollen, ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten. Ehrlich gesagt empfinde ich es als Unverschämtheit, dass die DUH eine solche Forderung aufstellt. Die Kosten für das Nachrüsten eines Partikelabscheiders liegen aktuell – je nach Einbausituation – zwischen 3.500 und 4.000 Euro brutto. Für einfache freistehende Kaminöfen entspricht das oft schon dem Anschaffungspreis oder liegt sogar deutlich darüber.
Und neue Öfen sollen nach der Vorstellung der Deutschen Umwelthilfe nur noch gebaut werden dürfen, wenn diese einen „Blauen Engel“ tragen…
Neue Öfen nur mit dem Blauen Engel zuzulassen, ist dasselbe – eine überstürzte und unausgereifte Herangehensweise. Das ist völlig überzogen und kommt einem Verbot durch die Hintertür gleich. Zurzeit gibt es nur wenige Hersteller und Öfen, die den Blauen Engel haben. Ebenso gibt es derzeit nur freistehende Kaminöfen, aber keine hochwertigen Kachelöfen und Kamineinsätze für den handwerklichen Einbau mit dem Blauen Engel.
Was stört Sie so sehr am Verhalten der DUH?
Dass hier nicht mit den eigentlichen Fachgremien beziehungsweise Verbänden des Ofen- und Luftheizungsbauer-Handwerks in den Austausch gegangen wird. Wir sind eindeutig für Maßnahmen, die zur Luftreinhaltung beitragen. Und wir sind neuen Technologien gegenüber offen. Doch sollte man deren Nutzen genauestens überprüfen. Es gibt eine Vielzahl an Möglichkeiten, Schadstoffe zu reduzieren und Feuerstätten effizienter zu machen. Aber das Wissen darum scheint nicht bei allen vorhanden zu sein, die sich berufen fühlen, Vorschläge zu machen.
Als Mitglied des Veuko-Führungsteams kennen Sie auch die Gesetzgebung der EU. Wie bewerten Sie den jüngsten Versuch der EU-Kommission, die Einzelraumfeuerungsanlagen einfach über die Neufassung der Ecodesign-Richtlinie zu verbieten?
Die Ecodesign-Richtlinie ist eine EU-weite Regelung, die darauf abzielt, die Umweltfreundlichkeit von energieverbrauchsrelevanten Produkten zu verbessern. Ihr Hauptziel ist es, den Energie- und Ressourcenverbrauch über den gesamten Lebenszyklus von Produkten zu minimieren. Der letzte Vorstoß dieser Europäischen Kommission im Februar sah massive Einschränkungen für Holzöfen vor, allerdings weder in Sachen Energieeffizienz noch in Richtung CO₂-Ausstoß, sondern in Bezug auf Feinstaub- und CO-Werte. Dazu sollten neue und nicht validierte Prüfverfahren und Methoden in Verbindung mit unangemessenen Grenzwerten eingeführt werden. Zudem wurden Anforderungen an automatische Verbrennungsregelungssysteme gestellt, was den Prinzipien der Ecodesign-Verordnung widerspricht. Das Ganze sollte zudem auf Kommissionsebene beschlossen werden, ohne Mitsprache des Parlaments. Das war rundheraus falsch, wurde zu Recht europaweit kritisiert und deshalb gestoppt.
Die EU will bis 2050 schadstofffreie Luft für ihre Bürger. Sie hat sich jüngst verpflichtet, ab 2030 deutlich niedrigere Grenzwerte für elf Luftschadstoffe einzuhalten. Halten Sie das Ziel für erreichbar?
Das Ziel einer nahezu schadstofffreien Luft in der EU bis 2050 ist anspruchsvoll. Und nicht zuletzt eine Frage der Definition, denn rein physikalisch wird unsere Luft wohl niemals unbelastet sein, solange sich Räder drehen, Pflanzen Pollen abwerfen, Boden zu Staub erodiert und Wälder oder Moore brennen. Nichtsdestotrotz macht es Sinn, an der Luftreinhaltung weiterzuarbeiten. Entscheidend für den Erfolg sind technologische Innovationen in Industrie, Verkehr und Energie, klare politische Vorgaben, wirtschaftliche Anreize sowie internationale Zusammenarbeit. Da Luftverschmutzung keine Grenzen kennt, ist eine enge Abstimmung mit Nachbarländern essenziell.
In vielen Ländern Südeuropas und auch Osteuropas ist das Heizen mit Holz eher Standard als Ausnahme. Wie sollen die Menschen dort in Bezug auf das Heizen den Anschluss an die EU halten?
Das Heizen mit Holz ist in vielen Ländern Süd- und Osteuropas eine weit verbreitete Praxis, da es oft nicht nur die günstigste, weil lokal verfügbare Energiequelle ist. Sondern nicht selten auch die einzige. Warmwasser wird vielerorts mit Thermosolaranlagen gemacht; die Strom-Infrastruktur ist oft nicht besonders belastbar. Ich denke, hier müsste die EU massiv Geld zuschießen, damit die Menschen im Süden und Osten der EU alte Öfen gegen neue tauschen können. Der Abstand zwischen den reichen und ärmeren Ländern erscheint mir gerade in Bezug auf die Energiewende so groß, dass ich mir fast nur ein Europa der zwei Geschwindigkeiten vorstellen kann.
Bislang bestimmten Bundesbehörden wie das Umweltbundesamt oder NGOs wie die DUH, dass die Diskussion um das Heizen mit Holz vor allem mit dem Fokus Luftverschmutzung betrachtet wurde. Aber das ist doch nur ein Teil der Wahrheit, oder?
Ja, das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Debatte um das Heizen mit Holz wurde in den letzten Jahren stark von dem Thema Emissionen dominiert. Dabei war die Luftqualität noch nie so gut wie heute. Jüngste Zahlen des Umweltbundesamtes beweisen die geringste Belastung seit Beginn der Aufzeichnung. Und es gibt mehrere Perspektiven, die in der Diskussion zu kurz kommen: Holz ist CO₂-neutral, da es nur das CO₂ freisetzt, das der Baum zuvor aufgenommen hat. Junge Wälder nehmen durch nachhaltige Forstwirtschaft sogar mehr CO₂ auf. Zudem ist Holz in vielen Regionen lokal verfügbar und reduziert die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Für viele Haushalte, insbesondere in strukturschwachen Regionen, ist Holz die günstigste, manchmal auch die einzige Heizoption. Ein Verbot würde diese finanziell stark belasten. Gleichzeitig sichert die heimische Holzwirtschaft Arbeitsplätze und stärkt die regionale Wirtschaft, während Holz als Energiequelle weniger von geopolitischen Krisen betroffen ist als Gas oder Öl. Moderne Technologien wie Hybrid-Heizsysteme oder nachhaltige Bioenergie-Nutzung können die Vorteile von Holz nutzen und Emissionen minimieren. Deshalb sollte die Diskussion differenziert geführt werden. Entscheidend ist eine nachhaltige Nutzung mit effizienter Technik, verantwortungsvoller Forstwirtschaft und sozialen Lösungen. Denn eine warme Stube ist für ganz viele Menschen ein ganz wichtiges Thema.
Was würden Sie sich wünschen von den anstehenden Beratungen auf politischer Ebene?
Ich würde mir eine differenzierte und praxisnahe Diskussion wünschen, die sowohl ökologische als auch soziale und wirtschaftliche Aspekte einbezieht. Die Politik sollte nicht nur auf Verbote oder pauschale Maßnahmen setzen, sondern gezielt Lösungen entwickeln. Sie sollte nicht nur dogmatisch auf Luftreinhaltung fokussieren, sondern eine ganzheitliche Strategie entwickeln, die ökologisch sinnvoll, sozial gerecht und technologisch machbar ist.
Eine Energiewende, die breite Akzeptanz finden soll, muss Menschen mitnehmen und darf sie nicht überfordern. Dazu bedarf es der Förderung moderner, emissionsarme Technologien, damit sich die Haushalte den Umstieg auch leisten können. Dazu braucht es stufenweise Übergänge, um auch den Unternehmen Zeit zur Anpassung zu geben. Zudem erscheint mir ein Fokus auf Hybridlösungen sinnvoll, die das Heizen mit Strom und mit Holz kombinieren, so Spitzenlasten im Stromnetz mindern können. Schärfere Grenzwerte sind sinnvoll. Aber nur, wenn sie technisch umsetzbar und wirtschaftlich tragbar sind. Zudem braucht es statt Hektik eine langfristige Planungssicherheit für Verbraucher und Unternehmen: Wer heute eine moderne Holzheizung kauft, sollte nicht fürchten müssen, dass sie in wenigen Jahren wieder verboten wird oder teuer nachgerüstet werden muss.
