Dr. Johannes R. Gerstner: Herr Kasten, immer mehr Hersteller und Nutzer sprechen über Abbrandsteuerungen in Kamin- und Kachelöfen. Könnten Sie zunächst erklären, was genau unter einer Abbrandsteuerung zu verstehen ist und warum dieses Thema in den vergangenen Jahren so an Bedeutung gewonnen hat?
Dirk Kasten: Unter einer Abbrandsteuerung versteht man eine automatische Regelung, die den Verbrennungsprozess in Festbrennstofföfen kontinuierlich überwacht und optimiert. Statt dass der Nutzer ständig Luftklappen manuell nachjustiert, messen Sensoren in Temperatur und Abgaszusammensetzung, wie der Brand verläuft, und passen daraufhin die Luftzufuhr an. Dadurch verbrennt das Holz nahezu vollständig, was Kohlenmonoxid- und Feinstaubemissionen deutlich reduziert und den Wirkungsgrad verbessert. In den letzten Jahren rückte dieses Thema in den Fokus, weil Städte und Kommunen strengere Luftreinhaltepläne umsetzen und Verbraucher zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen. Zusätzlich treiben Förderprogramme und angedachte neue Ökodesign-Richtlinien Hersteller und Handwerker dazu, moderne Regelungstechniken vermehrt einzusetzen.
Dr. Johannes R. Gerstner: In der Diskussion rund um die neue Ökodesign-Richtlinie wird darüber nachgedacht, Abbrandsteuerungen als verpflichtendes Ausstattungsmerkmal vorzusehen. Ist das aus Ihrer Sicht ausreichend, um die angestrebten Emissionsziele zu erreichen?
Dirk Kasten: Eine Abbrandsteuerung ist zweifellos ein sehr wichtiger Schritt, um Emissionen zu reduzieren, weil sie den Verbrennungsprozess im Brennraum optimiert. Allerdings reicht sie allein nicht immer aus, um alle Schadstoffe auf das gewünschte Minimum zu senken. Beispielsweise verbleiben manchmal noch unverbrannte Gase oder Feinstaubpartikel, die erst in einem nachgeschalteten Katalysator oder Elektrofilter abgebaut werden. In manchen Ofenkonzepten ist die Temperatur selbst mit optimaler Steuerung nicht hoch genug, um sämtliche Rückstände zu verbrennen. Deshalb plädiere ich dafür, dass eine Ökodesign-Richtlinie nicht nur eine Abbrandsteuerung fordert, sondern das gesamte System aus Steuerung, Nachverbrennung und Partikelabscheidung betrachtet. Nur so können selbst in dicht besiedelten Gebieten die ambitionierten Grenzwerte langfristig eingehalten werden.
Dr. Johannes R. Gerstner: Aus Sicht des Ofenherstellers: Welche Vorteile ergeben sich, wenn man eine Abbrandsteuerung von Anfang an in die Entwicklung einplant? Lässt sich der Mehraufwand beim Design und in der Fertigung rechtfertigen?
Dirk Kasten: Wenn man Abbrandsteuerung und Ofenanlage von Anfang an als Einheit konzipiert, kann man Luftführung und Sensorpositionen optimal abstimmen. Das bedeutet, man spart später bei der Kalibrierung und im Service, weil die Steuerung bereits im Werk auf den Ofen abgestimmt ist. Zwar steigen die Entwicklungskosten an, doch in der Serienfertigung ergänzt sich die Elektronik nahtlos mit dem Ofen, und der Herstellungsprozess bleibt schlank. Der höhere Verkaufspreis lässt sich als Premiummerkmal rechtfertigen, da der Ofen die strengsten Emissionsvorgaben einhält. Langfristig reduziert sich der Wartungsaufwand, weil Diagnosefunktionen Fehlersuchen vereinfachen, und zufriedene Kunden führen zu weniger Reklamationen und einem besseren Markenimage.
Dr. Johannes R. Gerstner: Wie wirkt sich eine Abbrandsteuerung auf den Komfort und den Bedienaufwand des Endkunden aus? Welche Verbesserungen merkt der Nutzer im Alltag?
Dirk Kasten: Für den Endkunden bedeutet eine Abbrandsteuerung vor allem mehr Komfort und Sicherheit. Er muss nicht ständig nach Augenmaß die Luftklappen öffnen oder schließen. Schon beim Anzünden sorgt die Steuerung dafür, dass sich der Ofen rasch auf die richtige Temperatur einregelt. Während des Abbrennens passt die Technik die Luftzufuhr automatisch an, sodass das Feuer ruhig und gleichmäßig brennt. Eine kleine Anzeige zeigt an, wenn der Brennstoff zur Neige geht oder eine Störung ansteht – der Nutzer muss also nicht unermüdlich ins Feuer schauen. Sollte einmal der Strom ausfallen, hält ein integrierter Pufferakku die Steuerung am Laufen, damit es nicht zu unkontrolliertem Rauchausstoß kommt. Insgesamt spart der Nutzer Zeit und Nerven, weil er sich halbwegs darauf verlassen kann, dass der Ofen selbstständig für einen sauberen Abbrennprozess sorgt.
Dr. Johannes R. Gerstner: Abschließend: Welche Entwicklungen und Trends sehen Sie in Zukunft auf dem Gebiet der Abbrand- und Emissionssteuerung in Holzfeuerstätten, und worauf sollten Politik, Industrie und Verbraucher besonders achten?
Dirk Kasten: In naher Zukunft werden Ofensteuerungen immer weiter vernetzt und intelligent. Man wird in der Lage sein, über Apps den Betrieb aus der Ferne zu überwachen und Updates direkt auf das System zu spielen. Künstliche Intelligenz könnte künftig in Echtzeit auf Änderungen bei der Holzfeuchte, auf Wetterschwankungen oder auf den aktuellen Strompreis reagieren, um den Ofen besonders effizient zu betreiben. Hersteller werden modulare Baukästen anbieten: Abbrandsteuerung, Katalysator und Partikelfilter sind dann einzelne Bausteine, die sich je nach Bedarf kombinieren lassen. Politik und Normungsgremien sollten darauf achten, dass sie nicht nur einzelne Komponenten vorschreiben, sondern konzeptionelle Komplettlösungen zertifizieren, die gemeinsam die niedrigsten Emissionen gewährleisten. Verbraucher sollten beim Ofenkauf nicht nur auf den Anschaffungspreis schauen, sondern auf das gesamte System und darauf, wie zukunftssicher es ist. Ein Ofen, der bereits heute über digitale Schnittstellen verfügt und modular erweiterbar ist, erfüllt morgen noch die Anforderungen, wenn die Grenzwerte weiter verschärft werden. Auf diese Weise bleiben Kamin- und Kachelöfen auch in städtischen Bereichen eine umweltverträgliche Wärmequelle.