Dr. Johannes R. Gerstner: Inwieweit können elektrostatische Staubabscheider Kamin- und Kachelöfen deutlich sauberer machen?
Bernd Weishaar: Elektrostatische Staubabscheider verbessern die Luftqualität entscheidend, indem sie feinste Partikel aus dem Abgasstrom von Kaminöfen herausfiltern. Das Prinzip basiert darauf, dass das Abgas an einer Hochspannungselektrode (15 000–30 000 Volt) aufgeladen wird, sodass die geladenen Feinstaubpartikel sich an der Innenwand des Abscheiders sammeln und dort verklumpen. Im Labor erreichen diese Systeme bei Kaminöfen Abscheidegrade von bis zu 97 % bei der Partikelanzahl und etwa 84 % bei der Feinstaubmasse (PM₂,₅). Im Praxisbetrieb kann man zuverlässig eine Massereduktion von etwa 70 % und eine Anzahlreduktion von über 80 %, oftmals sogar knapp 90 %, erzielen. Dadurch wird die gesundheitlich relevante PM₂,₅-Fraktion effektiv aus dem Abgasstrom entfernt, bevor sie in die Umwelt gelangt. Der elektrostatische Abscheider hat keine Auswirkung auf die Zug- und Regelverhältnisse der Feuerstätte.
Dr. Johannes R. Gerstner: Einige Hersteller bieten elektrostatische Staubabscheider an, und diese Technologie ist praktisch erprobt und seit einigen Jahren auf dem Markt. Sie bringt große Erfolge bei der Reinigung von Abgasen, hat sich aber noch nicht flächendeckend verbreitet. Warum ist das so?
Bernd Weishaar: Elektrostatische Staubabscheider sind seit einigen Jahren serienreif und zeigen in der Praxis, dass sie Partikel effektiv aus dem Abgas filtern können. Sie reduzieren die Staubbelastung zuverlässig auch bei einer Fehlbedienung durch den Nutzer, der meist den größten Einfluss auf das Emissionsverhalten einer Feuerstätte hat, egal ob es eine Neu- oder Bestandsanlage ist. Dennoch sind die Stückkosten derzeit noch relativ hoch, weil die Fertigungsvolumina klein sind. Solange die Nachfrage nur punktuell in Ballungsräumen oder in streng regulierten Regionen besteht, bleiben die Preise auf einem Niveau, das viele Haushalte abschreckt. Erst wenn sich die Technik flächendeckend durchsetzt, werden größere Stückzahlen produziert, und damit sinken die Herstellungskosten auf ein Niveau, das auch von der breiten Masse tragbar ist. Oder anders gesagt: Wenn wir nur 10 % der Neugeräte mit Abscheidern ausstatten könnten, könnten wir die Verkaufspreise signifikant um schätzungsweise 50 % senken.
Dr. Johannes R. Gerstner: Ist denn irgendwann einmal eine flächendeckende Ausstattung der Öfen mit Staubabscheidern denkbar?
Bernd Weishaar: Eine hundertprozentige Ausstattung aller rund 40 Mio. Öfen in Europa halte ich in den nächsten Jahren nicht für realistisch. Vielmehr ist eine flächenmäßige Verbreitung denkbar, bei der die Technik in einzelnen Regionen oder unter bestimmten Rahmenbedingungen deutlich sichtbar wird. Wenn die Preise weiter sinken und in Ballungsräumen oder Gebieten mit hohen Luftreinhalteanforderungen verbindliche Einbauquoten oder Förderprogramme greifen, führt das zu einer spürbaren Stückzahlerhöhung. Diese wiederum drückt die Kosten weiter und ermöglicht, dass immer mehr Haushalte in weiteren Regionen nachziehen. So entsteht ein Schneeballeffekt: Noch nicht „flächendeckend“, aber in der Fläche durchaus wahrnehmbar, und das in deutlich kürzerer Zeit, als man denken würde.
Dr. Johannes R. Gerstner: Wie kann der Staubabscheider bei künftiger Regulierung wie der Ecodesign-Richtlinie helfen?
Bernd Weishaar: Der Staubabscheider kann hier wirkliche Entlastung schaffen, weil das Kernproblem darin besteht, dass viele Heizgeräte innerhalb kürzester Zeit aufwendig nach neuen Vorgaben geprüft werden müssten, obwohl diese Richtlinie noch gar nicht final formuliert ist. Die Zeit drängt, und die Hersteller benötigen Planungssicherheit. Ich kann mir gut vorstellen, dass Öfen, die die derzeit noch geltenden Ecodesign-Anforderungen erfüllen, auch unter einer künftigen Gesetzgebung weiterhin vertrieben werden dürfen, wenn sie später vom Endkunden oder der Endkundin mit einem Staubabscheider betrieben werden. Dadurch erhalten Hersteller wertvolle Zeit, um Innovationen voranzutreiben, und vorhandene Geräte verstauben nicht unnötig im Lager. Gleichzeitig sorgt man mit dieser Übergangslösung bereits für eine signifikante Verbesserung der Luftqualität, weil die besonders gesundheitsschädlichen Feinstaubanteile deutlich reduziert werden
Dr. Johannes R. Gerstner: Bieten die Hersteller von elektrostatischen Staubabscheidern bereits heute ein breites Angebot an und können auch ältere Öfen so zulassungsfähig gemacht werden?
Bernd Weishaar: Anbieter haben inzwischen modular aufgebaute elektrostatische Abscheider im Sortiment, die sowohl in Neugeräte integriert als auch als Nachrüstlösung für Bestandsöfen verfügbar sind. Jeder Kamin- oder Kachelofen – unabhängig von Alter oder Brennstoffart – kann grundsätzlich nachgerüstet werden. Wird ein Ofen, der ursprünglich vor 1995 oder bis 2010 zugelassen wurde, mit einem Staubabscheider ausgestattet, entfällt die Notwendigkeit einer erneuten CO- oder Feinstaubmessung durch den Schornsteinfeger; der Ofen gilt dann als emissionsarm und erfüllt die Anforderungen der 1. BImSchV Stufe 2. Entsprechende Nachrüstgeräte bieten die meisten Hersteller direkt an, und die Installation erfolgt meist durch Schornsteinbauexperten oder spezialisierte Ofenbauer, die häufig über den Gesamtverband Ofenbau e.V. vermittelt werden.
Dr. Johannes R. Gerstner: Welche Rolle spielt Biomasse insgesamt in der umweltfreundlichen Energieversorgung Europas?
Bernd Weishaar: Biomasse stellt einen unverzichtbaren Baustein für eine klimaneutrale Wärmewende dar. Regional erzeugte Holzpellets und Scheitholz decken Grund- und Spitzenlasten in ländlichen und suburbanen Gebieten, in denen Fernwärmenetze oft nicht bis in jedes Dorf reichen. Einzelraumfeuerstätten bieten in diesen Regionen eine dezentrale Versorgungssicherheit, da sie Strom- und Gasnetze insbesondere in der kalten Jahreszeit entlasten und vor Preisschwankungen fossiler Energieträger schützen. Ohne die Nutzung von Biomasse müssten die Wintermonate entweder mit teuren Elektroradiatoren oder mit zusätzlichen fossilen Spitzenlastkraftwerken überbrückt werden, was dem Ziel der CO₂-Reduktion widerspricht. Studien zeigen, dass es mittelfristig keine realistische Alternative gibt, alle circa 40 Millionen Öfen und Kessel durch Zentralheizungen oder elektrische Heizsysteme zu ersetzen – weder wirtschaftlich noch technisch und schon gar nicht gesellschaftlich. Deshalb ist eine emissionsarme Holzfeuerung, unterstützt durch Staubabscheider, essenziell, um saubere Wärme aus Holz sicherzustellen und in den kommenden Jahrzehnten die Versorgungslücke zu schließen.
Dr. Johannes R. Gerstner: Welche politischen und regulatorischen Maßnahmen sind notwendig, um eine breite Marktdurchdringung emissionsarmer Holzfeuerung sicherzustellen?
Bernd Weishaar: Entscheidend sind klare Anreize und pragmatische Regelungen. In einem ersten Entwurf zur Ecodesign aus dem Februar habe ich den Staubabscheider noch vermisst. Ich gehe allerdings davon aus, dass man nun in einem aktuellen Entwurf den elektrostatischen Staubabscheider mit seinen großen Möglichkeiten besser berücksichtigt, alles andere ist für mich schlichtweg nicht denkbar. Ein auf EU-Ebene verbindlicher Sondertatbestand, der Nachrüstung mit zertifizierten Staubabscheidern automatisch als emissionsarm anerkennt, würde sicherstellen, dass solche Geräte in Förderprogrammen gezielt gefördert werden. In Regionen mit hoher Feinstaubbelastung (Stadtzentren, Ballungsräume) könnten emissionsarme Feuerstätten rechtlich privilegiert werden, etwa durch einen erleichterten Baubewilligungsprozess oder günstigere Abgaben. Gleichzeitig sollten Besitzer älterer, nicht nachrüstbarer Geräte Ausnahmeregelungen erhalten, sofern sie sich verpflichten, innerhalb der nächsten fünf Jahre auf ein emissionsarmes Modell umzusteigen. Forschung und Entwicklung müssen weiterhin gefördert werden, um Staubabscheider mit katalytischen Nachbehandlungen, optimierter Abbrandsteuerung oder automatischen Luftregelungen voranzubringen; nur so können Hersteller langfristig Produktionskosten senken, was auch einkommensschwächeren Haushalten einen Zugang ermöglicht. Nur wenn all diese Maßnahmen Hand in Hand gehen, kann in den nächsten fünf bis zehn Jahren eine breite, wirtschaftlich tragfähige Verbreitung emissionsarmer Holzfeuerungen gelingen.