Die Neuwahl des Deutschen Bundestags ist terminiert. Die Diskussionen darum, wer welche Chancen hat, laufen heiß. Die Initiative #ofenzukunft hat den Bruch der Ampel zum Anlass genommen, einmal bei der bisherigen Opposition nachzufragen, wie man bei einem Wahlsieg mit dem Thema „Heizen mit Holz“ umgehen würde. Unseren Fragen hat sich Steffen Bilger, Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gestellt. Der 45-jährige Jurist, Mitglied des Bundestags seit 2009 und Vorsitzender des CDU-Bezirksverbands Nordwürttemberg, ist unter anderem für die Themen Landwirtschaft, Umwelt, Naturschutz und Verbraucherschutz zuständig. Sein Fazit: „Es wäre ein großer Fehler, aus ideologischen Gründen auf Holz im Energiemix der Zukunft zu verzichten. Das wird es mit uns nicht geben. Ich sehe auch in Zukunft ein großes Potenzial für das Heizen mit Holz als heimischem, nachwachsendem Energieträger. Zudem ersetzt Holz fossile Energieträger und hat seinen Platz in jeder vernünftigen Klimaschutzstrategie.“
Herr Bilger, die CDU sagt in ihrem neuen Grundsatzprogramm, dass sie dazu steht, dass Deutschland bis 2045 klimaneutral sein soll. Wie kann das gelingen? Was wollen Sie anders im Sinne von besser machen als die Ampel?
Bilger: Das kann nur gelingen, wenn wir Wirtschaft, Energie und Klimaschutz konsequent zusammendenken. An diesem Grundverständnis hat es bei der Politik der Ampel gemangelt. Für uns ist klar: Wenn enorme Aufgaben auf knappe Ressourcen treffen, dann braucht es zuallererst Kosteneffizienz und Innovationen. Deshalb stehen wir für echte Technologieoffenheit. Wir müssen in Deutschland Technologien entwickeln und anwenden, die auch international konkurrenzfähig sind. Außerdem braucht es viel weniger Regelungswut, wie sie bei der Ampel beispielhaft beim Heizungsgesetzes sichtbar wurde. So findet Klimaschutz keine Akzeptanz bei den Menschen.
Im CDU-Grundsatzprogramm heißt es „Unser Leitbild ist eine Zukunft, in der wir weltweit nachhaltig wirtschaften, in der saubere Luft, sauberes Wasser und gute Böden eine Selbstverständlichkeit sind…“ Beispiel „saubere Luft“ – die soll es einer Untersuchung der Universität Utrecht zufolge derzeit nur in Nordschottland, auf Island und im Norden Skandinaviens geben. Wie kann das in einem der wichtigsten Industrieländer der Welt und in dem wichtigsten Transitland Europas gelingen?
Bilger: Wir haben in Deutschland und Europa in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ganz erhebliche Fortschritte bei der Luftreinhaltung erreicht. Das zeigen die langjährigen Trends und dem widerspricht ja nicht einmal das Umweltbundesamt. Es ist entscheidend, dass künftige Grenzwerte Maß und Mitte halten – der Schutz von menschlicher Gesundheit und auch der Umwelt haben oberste Priorität. Aber entrückte Grenzwerte, die technisch nicht machbar sind und an der Realität vorbeigehen, helfen niemandem. Wir setzen auf Innovation, Technologie und Kosteneffizienz.
Die CDU verspricht in Ihrem Grundsatzprogramm „Wir sorgen für saubere, sichere und bezahlbare Energie“. CDU-General Linnemann will alle „Kostentreiber bei Energie auf den Prüfstand stellen“ und gleichzeitig „den Ausstoß von klimaschädlichen Emissionen über den CO₂-Preis regulieren“. Wie wollen Sie die scheinbaren Gegensätze „sauber, sicher und bezahlbar“ übereinander bringen? Oder anders gesagt: Welche Schritte planen CDU und CSU in Bezug auf die Energieversorgung und die Wärmewende, wenn sie im Februar 2025 die Bundestagswahl gewinnen würden?
Bilger: Die CDU/CSU-Fraktion hat die Jahre in der Opposition genutzt und die inhaltlichen Grundlagen für mögliche künftige Aufgaben geschaffen. Es geht ganz grundsätzlich darum, Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Umweltverträglichkeit miteinander zu verbinden. Wir wollen die Energieeffizienz steigern, Preisexplosionen verhindern und klimafreundliche Energien ausbauen. Ihre Leserinnen und Leser können unsere konkreten Pläne in den fast 40 Anträgen und Gesetzesentwürfen nachlesen, die wir in den vergangenen drei Jahren in die parlamentarischen Beratungen eingebracht haben.
CDU-General Linnemann hat bereits angekündigt, dass seine Fraktion das Heizungsgesetz kippt, wenn sie die nächste Bundestagswahl gewinnt. Was stört sie an dem Gesetz, was wollen sie stattdessen machen?
Bilger: Der Staat sollte weder direkt noch indirekt durch komplizierte Förderkriterien vorgeben, wer wie zu heizen hat und welche Technologien zum Einsatz kommen. Stattdessen sollten innerhalb der geltenden Klimaschutzvorgaben die Marktkräfte darüber entscheiden. Deshalb werden wir das Heizungsgesetz der Ampel zurücknehmen. Unsere Marschrichtung ist klar: schrittweise CO2-Bepreisung mit Sozialausgleich, verlässliche Förderung und Technologieoffenheit. Maßgeblich müssen die Beschaffenheit des Gebäudes und die regionalen Gegebenheiten sein. Bioenergie und Heizen mit Holz haben in einem solchen freiheitlichen Grundansatz einen festen Platz.
Mehr als eine Million Haushalte in Deutschland nutzen Scheitholz, Holzpellets oder Holzhackschnitzel als primäre Energiequelle zum Heizen ihres kompletten Wohnraums, wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) angibt. Zusätzlich gibt es rund zwölf Millionen sogenannte Einzelraumfeuerstätten, wie etwa Kaminöfen in deutschen Haushalten. Dahinter stehen rund 25 Mio. Wähler. Welche Rolle messen Sie dem Heizen mit Holz im künftigen Energiemix von Deutschland zu? Zum einen bezogen auf die Wärmewende, zum zweiten bezogen auf die Kommunale Wärmeplanung, zum dritten in Bezug auf die Versorgungssicherheit der Haushalte?
Bilger: Es wäre ein großer Fehler, aus ideologischen Gründen auf Holz im Energiemix der Zukunft zu verzichten, wie es die Grünen wollen. Das wird es mit uns nicht geben. Gerade im ländlichen Raum spielt das Heizen mit Holz eine gewichtige Rolle. Ich sehe auch in Zukunft ein großes Potenzial für Heizen mit Holz als heimischem, nachwachsendem Energieträger. Zudem ersetzt Holz fossile Energieträger und hat seinen Platz in jeder vernünftigen Klimaschutzstrategie. Nur mit dieser Technologieoffenheit lässt sich auch die dringend erforderliche Kostenwende beim Klimaschutz und dem Umbau der Energieversorgung erreichen. Oder um es anders zu sagen: Deutschland kann sich den vermeintlichen „Luxus“, den sich die Grünen und allen voran der bisherig Energieminister Robert Habeck gegönnt haben, nicht länger leisten und auf die Potenziale eines heimischen und noch dazu nachwachsenden Energieträgers wie Holz freiwillig verzichten. Das wäre widersinnig!
Deutschlands Anteil an den weltweiten CO2-Emissionen lag zuletzt bei knapp zwei Prozent. Pro Kopf wurden hierzulande zuletzt 8,1 Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, das ist Platz neun auf der Weltrangliste der fleißigsten Emittenten. Momentan haben viele das Gefühl, dass Deutschland sich mit überbordendem Ehrgeiz deindustrialisiert. Wie sehen Sie das?
Bilger: Wir stehen zu den ambitionierten Klimazielen und müssen diese mit Innovation, Technologie und Kosteneffizienz erreichen. Natürlich kann Deutschland das weltweite Klima nicht im Alleingang retten. Es braucht bei aller Dringlichkeit deshalb Maß und Mitte. Eine Überforderung von Wirtschaft und Verbrauchern beim Klimaschutz würde dem Klimaschutz schaden.
25 Millionen Menschen nutzen in Deutschland Kamin- und Kachelöfen, um nachwachsende Energien zu nutzen. Das Umweltbundesamt als staatliche Einrichtung versucht, diese Energiequelle etwa im CO2-Rechner schlecht zu machen. Warum tut sich eine für Umwelt zuständige Bundesbehörde so schwer mit einer erneuerbaren Energiequelle?
Bilger: Ich erwarte von sämtlichen staatlichen Akteuren und Behörden Faktenorientierung und Wissenschaftlichkeit. Bürger und Betriebe haben da einen Anspruch drauf. Die Haltung des Umweltbundesamtes zu Holz- und Bioenergie ist leider aber genau das nicht – sondern zutiefst ideologiegeprägt. Der „CO2-Rechner“ ist da nur die Spitze des Eisbergs: dass Holz beim Heizen zum Klimasünder abgestempelt wird, ist wissenschaftlich nicht haltbar und deshalb vollkommen inakzeptabel.
In dem laufenden Veränderungsprozess hin zur Klimaneutralität geht es mehr um die Berechnung als um praktische Fortschritte. Diesen Eindruck bekommt man jedenfalls als Beobachter. Nun erlauben sich die Ratgeber der aktuellen Regierung wie das Umweltbundesamt, Unbeliebtes wie den Brennstoff Holz massiv schlechtzurechnen – obwohl er EU-weit als klimaneutral gilt. Braucht eine neue Politik nicht auch neue Ratgeber?
Bilger: Die Entscheidungsträger in der Politik brauchen Ratgeber, die ideologiefrei an die Dinge herangehen. Wissenschaftlichkeit und Faktenorientierung sind ein Gut von überragendem Wert. Denn wenn politische Entscheidungen nicht fundiert sind, sind sie angreifbar und finden keine Akzeptanz. Das schadet letztlich der Demokratie und ihrer Institutionen massiv.
Wir könnten sofort durch Emissionsminderungsmaßnahmen bis zu 90 Prozent des Feinstaubs einsparen. Allerdings sind die Anstrengungen der Politik überschaubar, moderne Innovationen zu unterstützen. Eine neue Regelung für die Holzfeuerung fehlt schlicht, die Regulierung der 1. BImSchV wurde nur bis Ende 2024 gedacht. Will man die Wärme aus Biomasse gar nicht besser machen?
Bilger: Es ist klar, wir brauchen einen politischen Paradigmenwechsel. Es muss Schluss sein damit, das Heizen mit Holz schlecht zu reden. Die Produktinnovationen im Bereich der Abgasfilter, Staubabscheider, Abbrandsteuerung sind beeindruckend. Heizen mit Holz wird künftig noch viel sauberer werden. Heizen mit Holz muss Teil jeder Problemlösung beim nachhaltigen Umbau unserer Wärmeversorgung sein. Hierfür muss es ein positives politisches Klima geben. Das fängt bei der Bundesregierung an – und gilt natürlich auch für nachgeordneten Behörden wie das Umweltbundesamt, aber auch für europäische Rechtssetzung. Beim Umgang mit dem Heizen mit Holz braucht es mehr Pragmatismus und Faktenorientierung statt ideologischem Popanz.
Das staatlich verordnete schlechte Image der Holzfeuerung (Bundesumweltministerium und UBA) hat weitreichende Folgen auf die CO2-Bilanz, die Versorgungssicherheit, den Landschaftsschutz und nicht zuletzt auch auf die Berufswahl von jungen Menschen. Wird sich die Situation bei einer möglichen Regierungsbeteiligung der CDU/CSU verbessern?
Bilger: Das kann ich zusichern. Wir stehen für eine ideologiefreie, technologieorientierte und kosteneffiziente Energiepolitik. Der Energieträger Holz hat einen festen Platz im Energiemix der Zukunft.
Herr Bilger, wir sagen vielen Dank für das Gespräch.