Die Luftverschmutzung mit Feinstaub kleiner 1 Mikrometer ist im Osten Deutschlands im Schnitt um fünf Prozent pro Jahr zurückgegangen. Der organische Anteil in den Partikeln ging dagegen mit 2 Prozent pro Jahr deutlich geringer zurück. Und der Anteil aus Biomasseverbrennung nahm in zehn Jahren um 0,32 Prozent zu. Aber die Verbrennung von Biomasse trägt jedoch nur zu 10 Prozent zum organischen Aerosol bei.
Zu diesen Ergebnissen sind jetzt Forschende vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS), der Universität Modena und MeteoSwiss nach Auswertung einer zehnjährigen Messreihe der ländlichen Hintergrundstation Melpitz bei Leipzig gekommen. Die Daten aus den Jahren 2012 bis 2022 ermöglichen durch neue Online-Messverfahren eine deutlich detaillierte chemische Analyse als bisher. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig Langzeitmessungen für die Auswertung von Maßnahmen zur Luftreinhaltung seien, schreiben die Forschenden im Fachjournal Atmospheric Environment.
ASCM-Technik analysiert Herkunft
Obwohl die Luftqualität seit vielen Jahren kontrolliert wird, mangelt es noch an Wissen darüber, wie sich die Feinstaubquellen im Laufe der Jahre verändern und wie das die chemische Zusammensetzung der Feinstaubpartikel in Mitteleuropa beeinflusst. Die Entwicklung von Online-Ansätzen auf der Grundlage von Aerosol-Massenspektrometern wie dem in dieser Studie verwendeten Aerosol Chemical Speciation Monitor (ACSM) liefert nicht nur zeitlich hoch aufgelöste Ergebnisse über die chemische Zusammensetzung von Aerosolen, sondern bietet auch eine einzigartige Möglichkeit, organische Aerosolquellen zu identifizieren. In Deutschland sind nur zwei dieser ACSM-Geräte seit einigen Jahren im Dauereinsatz: Eines am DWD-Observatorium Hohenpeißenberg in Bayern und eines an der TROPOS-Forschungsstation Melpitz in Sachsen. Melpitz ist inzwischen Teil des EU-Forschungsnetzwerks ACTRIS und des Europäischen Luftkontrollnetzwerkes EMEP. Die Station im Tiefland von Sachsen ist repräsentativ für weite Teile des ländlichen Ostdeutschlands und liegt an der Grenze zwischen atlantischem und kontinentalem Klima, was sie für großräumige Analysen in Europa besonders interessant macht.
BBOA macht nur geringen Anteil aus
Die detaillierte Quellenanalyse der organischen Bestandteile lässt gut auf Trends bei fossilen Energieträgern und bei Biomasse aus Holzverbrennung und Waldbränden schließen: Von den fünf identifizierten Quellen wurden drei mit anthropogenen Quellen wie der Verbrennung von Mineralöl (z. B. Autoabgase und Hausheizungen, genannt HOA für Kohlenwasserstoff-ähnliches organisches Aerosol), der Verbrennung von Biomasse (z. B. Holzverbrennung, genannt BBOA) und der Verbrennung von Kohle (genannt CCOA) in Verbindung gebracht, während die verbleibenden zwei nicht speziell mit älteren anthropogenen oder biogenen Quellen in Verbindung gebracht wurden (LO-OOA und MO-OOA). Die fünf Gruppen (HOA, BBOA, CCOA, LO-OOA und MO-OOA) trugen im Durchschnitt zu 7, 10, 12, 31 bzw. 40 Prozent zum Organischen Aerosol bei. Die Biomasse-Beiträge (BBOA) stiegen im Winter nur leicht an (plus 0,32 Prozent im Laufe des Jahrzehnts), was auf eine zunehmende Verbrennung von Biomasse zu Heizzwecken in Privathaushalten hinweist.
Klimamodellierung verbessern
Hier sind laut den Tropos-Forschern weitere Untersuchungen notwendig, um herauszufinden, wie sich der Trend in den kommenden Jahren fortsetzen wird, aber auch um die Ergebnisse an verschiedenen Orten zu vergleichen. Ein solcher Vergleich wird bald möglich sein, indem man die verschiedenen europäischen Observatorien nutzt, die im Rahmen der EU-Forschungsinfrastruktur ACTRIS mit entsprechenden Instrumenten ausgestattet sind. So wird es künftig möglich sein, die Veränderungen in der europäischen Luft deutlich besser zu verfolgen und die Ursachen leichter zu identifizieren. „Unsere Langzeitmessungen an einem Hintergrundstandort zeigen deutlich, dass die europäische und nationale Luftqualitätspolitik und die Energieversorgung nicht nur die Luftqualität in den Städten beeinflussen, sondern sich über weiträumige Transportprozesse auch auf die ländliche und die Hintergrundumgebung auswirken“, betont Dr. Laurent Poulain vom TROPOS. „Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig es ist, Veränderungen in der Massenkonzentration sowie in der Verteilung der Quellen und chemischen Spezies zu untersuchen, die zur gesamten Feinstaub-Massenkonzentration beitragen.“ Ein solcher Ansatz ist nicht nur für die Verfolgung der Verteilung von Quellen oder chemischen Spezies in den Partikeln wichtig, sondern auch für die Vorhersage der Veränderung der physikalischen Eigenschaften des Aerosols, wie z. B. Hygroskopizität, Lichtabsorption oder Streuung. Die Einbeziehung solcher Trends in Vorhersagemodelle könnte das Verständnis für die langfristigen Veränderungen der Eigenschaften von Aerosolpartikeln verbessern und letztlich zu Verbesserungen bei der Klimamodellierung beitragen. Die ganze Presseinformation des TROPOS-Instituts finden Sie hier zum Download.
