Wärmewende braucht jetzt einen realistischen Fahrplan

Komplexe Themen bestimmen die Politik in Brüssel wie in Berlin. Eines der schwierigsten ist die Energiewende, im Speziellen die Wärmewende: Über die Notwendigkeit besteht Konsens, über die Wege zum Ziel hält der Streit jedoch an. Mittendrin die Initiative #ofenzukunft, die sicherstellen will, dass die Deutschen auch morgen noch ihren Holzofen betreiben können, wenn andere Energiequellen ausfallen. Ein Jahr nach dem Start ist Zeit für eine Zwischenbilanz zum Stand der Wärmewende.

„Je tiefer wir in das Thema Wärmewende eintauchen, desto klarer wird uns, wie wenig Strategie dahintersteht. Alle Experten sind sich einig, dass es eilt. Doch gelingen will der Politik in diesen Tagen nur wenig,“ sagt Robert Mülleneisen, Sprecher der Initiative #ofenzukunft. Dafür werde immer klarer, dass der anfängliche Zielkanal zu eng gewählt wurde: Verkehr wie Heizbedarfe auf Strom umzupolen werde noch viele, viele Jahre dauern.

Langsamer als erwartet

Zu gering ist der Zuwachs bei der Erzeugung, auch die Verteilnetze sind technisch noch lange nicht in der Lage, ausreichend Strom in jedes Haus zu bringen. Die mangelnde Akzeptanz der Verbraucher liege auch an noch viel zu hohen Strompreisen. Und die würden durch die Ausbaubedarfe von Erzeugungsanlagen und Netzen nur weiter ansteigen. „Es ist nicht unsere Art, die Idee von der vielfältigen Nutzung sauberen Stroms schlechtzureden. Aber wir brauchen mehr Geduld. Und mehr Alternativen“, so Mülleneisen.

Herausforderung Kommunale Wärmeplanung

Wie schwierig und komplex das Thema dekarbonisierte Wärmeversorgung sei, zeige die vielerorts laufende Kommunale Wärmeplanung. „Auch dabei ist kein Platz für Träumereien; die meisten denkbaren Lösungen werden daran scheitern, dass weder die Kommunen noch Bund und Länder Geld haben, um schnell genug voranzukommen“, sagt Robert Mülleneisen, der auch Präsident des Gesamtverbands Ofenbau Deutschland (GVOB) ist.

Klinisch reine Luft nicht machbar

Befeuert werde die Energiewende auch von den Klimaschützern: „Wenn es nach deren Wünschen geht, haben wir demnächst in ganz Europa eine saubere Luft wie auf Island oder im Norden Skandinaviens“, weiß Mülleneisen. Die Tatsachen, dass auf Island die Heizwärme aus dem Boden sprudelt und in den Weiten Nordnorwegens und Nordschweden kaum Menschen leben, sollte man jedoch kennen. Dort wo viele Menschen leben und arbeiten, werde es kaum eine reine Luft geben können: „Wo Autos fahren, gibt es Bremsen- und Reifenabrieb, wo Wärme erzeugt wird, gibt es noch Abgase.“

Fortschritte statt Dogmatismus

Wer die Komplexität durchdrungen habe, komme, so Mülleneisen, zwingend zu dem Schluss, dass die Herausforderung Wärmewende weder schnell noch einfach zu lösen sei. Und schon gar nicht mit Dogmatismus, sondern nur durch praktische Fortschritte. Offenheit gegenüber neuen Technologien sei dabei ebenso gefragt wie eine ausgeprägte Akzeptanz für Interims- und Fallbacklösungen.

Verunsicherung sorgt für Chaos

„Die Regierung muss aufhören, durch immer neue Gesetzesknebel und überzogene Konditionen in Förderprogrammen die Verunsicherung der Immobilienbesitzer weiter anzufeuern“, sagt Mülleneisen. Immer neue Verbote würden nur für immer mehr Frust sorgen. Die Hausbesitzer wären froher, wenn Ihnen jemand sagt, was sie in Zeiten des Wandels tun sollen. Statt immer nur, was sie auf keinen Fall tun dürfen: „Die Verunsicherung ist der größte Bremsklotz für Investitionen in die Zukunft.“  Auch fühlten sich viele Hausbesitzer von der Größe der Aufgabe überfordert: „Kaum jemand sieht sich in der Lage, sein komplettes Haus zu dämmen, alle Fenster auszutauschen und dann auch noch die komplette Heizung neu zu bauen.“ Allein so etwas massiv und immer wieder einzufordern, zeige wie verkopft die aktuelle Wärmewende-Politik noch sei.

Ressourcen setzen Grenzen

Da helfe es auch nicht, wenn sich die Regierenden in Brüssel, Berlin und den Ländern gegenseitig darin überbieten würden, wann sie endlich klimaneutral sein wollen. Ambitionierte Ziele fänden ihre Grenzen zwangsläufig in der Verfügbarkeit von Zeit, Geld und Manpower. „Es ist jetzt an der Zeit für realistische und bezahlbare Fahrpläne, die allen Beteiligten an der Wärmewende Orientierung geben“, fordert Mülleneisen.

Zieht eine ganz persönliche Zwischenbilanz der aktuellen Energiewende-Politik in Brüssel und Berlin: Robert Mülleneisen, Sprecher der Initiative #ofenzukunft und Präsident des Gesamtverbands Ofenbau Deutschland.
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