„Holzöfen sind nicht die Lösung – sie sind Teil der Lösung“

Wie Öfen im Großen wie im Kleinen zu einer Wärmewende beitragen können

Die Initiative #ofenzukunft möchte für Wissenstransfer und Meinungsbildung im Bereich Biomasse sorgen. Dazu gehört auch eine Interviewreihe, die sie gemeinsam mit der Zeitschrift Kachelofen & Kamin veröffentlicht. Befragt werden Expertinnen und Experten aus Politik, Forschung und der Industrie. In der aktuellen Ausgabe spricht Hubertus Brunner, Inhaber und Geschäftsführer des gleichnamigen Herstellers von Heizlösungen, mit Dr. Johannes R. Gerstner über den Holzofen als Teil innovativer Wärmekonzepte und seine Rolle für den Wärmemarkt in Deutschland.

Dr. Johannes R. Gerstner: Herr Brunner, hat der Ofen eine Zukunft?

Hubertus Brunner: Natürlich hat der Ofen eine Zukunft. Das Feuer hat es schon gegeben, noch bevor überhaupt an andere Wärmeerzeuger zu denken war. Und es wird das Feuer noch viele Jahre geben. Der Ofen muss sich aber der Zeit anpassen – und den Anforderungen.

Dr. Johannes R. Gerstner: Was sind diese Anforderungen für den Ofen?

Hubertus Brunner: Das neue Gebäudeenergiegesetz GEG zeigt ja, das wir mit dem Ofen durchaus politische Anforderungen treffen. Er ist als erneuerbare Wärmequelle mit zehn Prozent anrechenbar. Was wir nun schaffen müssen ist, dass der Ofen noch sauberer und effizienter wird. Die Energie aus Holz muss sinnvoll genutzt werden.

Dr. Johannes R. Gerstner: Was bedeutet das politisch?

Hubertus Brunner: Der politische Konsens ist eine CO2-neutrale Wärmeversorgung. Und hier hat die Feuerstätte einen perfekten Platz. Denn ein Holzofen stellt steuerbare erneuerbare Energie zur Verfügung, während andere Energiequellen volatil sind. Lassen sie mich das kurz am Beispiel der Dunkelflaute erklären. Eine Dunkelflaute entsteht dann, wenn erneuerbare Energien nicht ausreichend zur Verfügung stehen, also bei anhaltender starker Bewölkung und Windstille. Solche Situationen treten besonders in den Wintermonaten auf. Dann kann der Holzofen CO2-neutral Wärme bereitstellen und so die Schwächen der anderen Energiequellen ausgleichen. Im Sommer wiederum, wenn Sonnen- und Windenergie in Hülle und Fülle bereitstehen, kann ich auf den Ofen verzichten. Ich kann den Ofen also immer dann steuer- und regelbar einsetzen, wenn die nicht steuerbare Energie nicht zur Verfügung steht. Eine perfekte Kombination. Und übrigens: Auch Holzenergie ist Sonnenenergie.

Dr. Johannes R. Gerstner: Der Holzofen als fester Bestandteil der Energiewende?

Hubertus Brunner: Ja! Ohne Holzofen werden wir viele Herausforderungen gar nicht schaffen. Gerade auf dem Strommarkt bereiten uns Infrastrukturkosten große Probleme. Bereits jetzt ist unser EEG-Kontostand zusammengeschmolzen, es kommen noch spannende Monate mit einem sinkenden Börsenstrompreis und einer gleichzeitigen hohen Einspeisevergütung. Mit Holz kann ich dagegen halten. Ich kann die Energie dann abrufen, wenn es sinnvoll ist, wenn ich sie brauche. Bei Wind- und Sonnenenergie habe ich oft Überfluss, wenn ich sei nicht brauche und Mangel, wenn ich eigentlich Licht und Wärme erzeugen müsste.

Dr. Johannes R. Gerstner: Was bedeutet das auf der Mikroebene, also im einzelnen Haushalt?

Hubertus Brunner: Ebenso, wie wir auf der Makroebene Holz und andere Erneuerbare perfekt kombinieren können, gelingt uns das auch ganz individuell in vielen Haushalten. Mit dem aktuellen GEG ist Photovoltaik als Heizmöglichkeit akzeptiert – also das Erhitzen von Wasser mittels Heizstab. Im Sommer habe ich die Möglichkeit, mein Brauchwasser mit der Kraft der Sonne zu erwärmen und kurzfristig in einem Puffer zu speichern. Im Winter ergänze ich das mit der Kraft aus Holz, wenn weniger Sonne zur Verfügung steht.

Dr. Johannes R. Gerstner: Aber das funktioniert nicht für jeden Haushalt.

Hubertus Brunner: Nein. Und das muss man deutlich sagen. In der Stadt wird das nur bedingt funktionieren, auf dem Land dafür um so besser. Natürlich muss Holz regional zur Verfügung stehen, man muss auch die Möglichkeit haben, es ordentlich zu lagern. Und auch der Mensch muss dazu passen. Wer die Wärme durch ein Holzfeuer nicht emotional schätzt oder auch kein Holz in seinem Wohnraum haben will, der muss andere Wärmemöglichkeiten nutzen. In der Stadt gibt es sinnvollere Heizsysteme. Dazu gehören sicherlich Nah- und Fernwärmenetze ebenso wie teilweise noch fossile Wärmeerzeuger. Die dann aber nur als Brückentechnologie, bis wir bessere Lösungen haben. Und man muss festhalten: Die Wärmepumpe ist nicht die Lösung für alles. Ich appelliere an die Politik, sich nicht auf eine Lösung zu versteifen, sondern das Problem mit allen erdenklichen und sinnvollen Lösungen anzugehen!

Dr. Johannes R. Gerstner: Es wird aktuell immer wieder mal eine mögliche CO2-Bepreisung von Energieholz ins Spiel gebracht. Ihre Einschätzung?

Hubertus Brunner: Wie sollte man das denn umsetzen? Der gesamte Holzkreislauf im ländlichen Raum entzieht sich ja aus verschiedensten Gründen einer zentralen Erfassung. Das fängt bei der Nutzung von Holz aus dem eigenen Wald an und liegt auch an der teilweise sehr kleinteiligen Eigentümerstruktur von Privatwald. Dazu kommt, dass ein guter Teil der Forstwirtschaft im Nebenerwerb passiert, also eine solche Regelung den einzelnen Waldbauern rein formal überfordern würde. Wir müssen an realistischen Modellen arbeiten, um Holzfeuerung sinnvoll einzusetzen.

Dr. Johannes R. Gerstner: Ein Streitpunkt sind ja immer die Feinstaubgrenzwerte. Wie stehen Sie dazu?

Hubertus Brunner: Ganz klar, da muss etwas passieren. Und man kann etwas tun. Beim Ofen müssen wir zwischen Primär- und Sekundärmaßnahmen unterscheiden. Also Maßnahmen, die den Ofen und seinen Feuerraum betreffen und sozusagen alles darum herum. Primärseitig ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Physikalisch sind uns Grenzen gesetzt und an diese stoßen wir gerade. Sekundärseitig ist noch ganz viel möglich. Das fängt bei Katalysatoren oder auch Staubabscheidern an und hört beim Betreiber selbst nicht auf. Oft entsteht Feinstaub durch die Fehlbedienung des Benutzers. Hier kann ich eingreifen, indem ich dem Betreiber bessere Rückmeldungen zu seinem Heizverhalten gebe, etwa durch eine App. Oder indem ich ihm viele Entscheidungen durch eine intelligente Steuerung abnehme, die den Verbrennungsvorgang beobachtet und gezielt steuert. Wichtig ist aber, dass das den emotionalen Teil nicht behindern darf. Der Ofen ist und bleibt ein Teil des Wohnraums, der einen Betreiber anders fordert als etwa eine Zentralheizung oder Wärmepumpe.

Dr. Johannes R. Gerstner: Wenn wir also die Nachteile der Holzfeuerung in den Griff bekommen, dann führt kein Weg daran vorbei?

Hubertus Brunner: Ja. Wenn wir Holzenergie effizienter und sauberer machen, ist sie eine perfekte Ergänzung. Die Klimaerwärmung schreitet voran. Wir können es uns als Gesellschaft gar nicht leisten, naheliegende Lösungen nicht zu nutzen. Wir müssen als Gesellschaft diesen Weg gemeinsam meistern. Mit unserer Holzenergie können wir als Branche den Wärmemarkt da unterstützen, wo er uns braucht und ihn zu einem CO2-neutralen Wärmemarkt machen. Sicherlich wird man nicht alle Probleme mit Holzöfen lösen können. Das ist auch gar nicht unser Ziel. Aber wir können unterstützen. Holzöfen sind nicht die Lösung – sie sind Teil der Lösung.

Danke für das Gespräch.

Hubertus Brunner, Jahrgang 1986, studierte von 2004 bis 2007 Wirtschaftsingenieurwesen am King’s College London. Nach dem Studium war er für einen weltweit agierenden Automobilzulieferer aus Japan tätig um im Anschluss für eine Unternehmensberatung zu arbeiten. 2011 stieg er in den elterlichen Familienbetrieb ein und ist seit dem Teil der Geschäftsleitung.   

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