Bundesregierung muss Programm zur Luftreinhaltung nachbessern

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am Dienstag die Bundesregierung verpflichtet, bei ihrem Mitte Mai aktualisierten Luftreinhalteprogramm nachzubessern. Nach Ansicht des Gerichts basieren die beschlossenen Maßnahmen auf zu dem Zeitpunkt bereits veralteten Prognosen. Das Gericht gab damit einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) in Teilen Recht.

Der 11. Senat des OVG geht davon aus, dass die dem Luftreinhalteprogramm zu Grunde liegenden Prognosen zur Minderung von Schadstoffen fehlerhaft sind, weil teilweise nicht die aktuellsten Daten eingestellt und Veränderungen in der Maßnahmenplanung – die zum Zeitpunkt der Verabschiedung schon beschlossen waren – nicht berücksichtigt wurden. Unter anderem wurde der Klimaschutz-Projektionsbericht 2021 berücksichtigt, aber nicht mehr der im August 2023 erschienene Klimaschutz-Projektionsbericht 2023. Weiterhin beanstandet der Senat, dass bei der Maßnahme „65 Prozent erneuerbare Energien beim Einbau von neuen Heizungen“ nicht die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes in der im September 2023 beschlossenen Fassung berücksichtigt wurde. Im Zusammenhang damit stehende Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude blieben gleichfalls unberücksichtigt. Weitere Prognosefehler wurden im Bereich des Kohleausstiegs und der Förderung der Elektromobilität erkannt.

Zentrale Klageaspekte abgewiesen – dennoch muss Regierung reagieren

Als Verzögerungsgrund und letztlich ursächlich für die Klage identifiziert DUH-Anwalt Prof. Dr. Remo Klinger laut einem Zitat im Onlinemagazin „Legal Tribune Online“ LTO, „dass das FDP-geführte Verkehrsministerium dem Entwurf ein Jahr lang nicht zustimmte, weil es ein Votum der Bundesregierung auf EU-Ebene zu strengeren Staubgrenzwerten für neue Festbrennstoffkessel verhindern wollte.“ Im selben Onlinemagazin konstatiert Dr. Korbinian Reiter, Vertreter der Beklagtenseite, dass zentrale Klagen der DUH wie etwa die „Forderungen nach der Durchführung einer strategischen Umweltprüfung“ abgewiesen wurden. Am Endergebnis ändert dies jedoch nichts, die Bundesregierung muss nun mit Maßnahmen zur Luftreinhaltung reagieren.

Pflicht zur Änderung bestätigt

Ausgehend von diesen Prognosefehlern ist die Bundesregierung zu einer entsprechenden Änderung des Nationalen Luftreinhalteprogramms verpflichtet, so das Urteil. Dieses wurde erst am 15. Mai 2024 als Fortschreibung des ersten aus 2019 beschlossen. Dabei habe die Regierung darauf zu achten, dass die Maßnahmen geeignet sind, die in der NEC-Richtlinie festgelegten Reduktionspflichten der Bundesrepublik Deutschland einzuhalten. Im Gegensatz zur Klägerin sieht das Gericht die Regierung jedoch als nicht verpflichtet, von 2025 bis 2029 einen sogenannten „linearen Reduktionspfad“ mit stetig steigenden Reduktionspflichten zu beschließen, der bis auf die ab 2030 geltenden Reduktionsziele ansteigt. Aus diesem Grunde sei der Klage nur mit dem Hilfsantrag stattgegeben worden. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde zugelassen.

Grundlage NEC-Richtlinie der EU

Kern der 86-seitigen Klage des Vereins Deutsche Umwelthilfe war die Hypothese, dass die bisher beschlossenen Maßnahmen des deutschen Gesetzgebers nicht ausreichen, die in der Richtlinie (EU) 2016/2284 über die Reduktion der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe (NEC-Richtlinie) beschriebenen Ziele zu erreichen. Deutschland wird durch die NEC-Richtlinie dazu verpflichtet, seine jährlichen anthropogenen Emissionen gegenüber dem Referenzjahr 2005 wie folgt zu reduzieren: bei Ammoniak bis zum Jahr 2030 um 29 Prozent, bei Feinstaub bis 2030 um 43 Prozent, bei Schwefeldioxid um 58 Prozent sowie bei Stickstoffoxid um 65 Prozent bis zum Ende dieses Jahrzehnts.

Lesen Sie dazu auch die Stellungnahme der Initiative #ofenzukunft hier.

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