EU-Verhandlungsrunde Ende Juni in Brüssel: Eichel mahnt evidenzbasierte Grenzwerte, realistische Fristen und handhabbare Prüfverfahren für Kamin- und Kachelöfen ein.
Am 28. Juni 2025 verhandeln die EU-Mitgliedstaaten in Brüssel erneut über die Ecodesign-Richtlinie für Kamin- und Kachelöfen. Wir sprechen mit Guido Eichel, Vorstand im Gesamtverband Ofenbau (GVOB), Beiratsmitglied der Initiative #ofenzukunft und Vorstand des Großhändlers Hagos, weil er als kombinierter Branchen- und Großhandelsexperte einen exzellenten Überblick über Markttrends, Produktentwicklungen und die handwerklichen Realitäten mitbringt. Die Initiative #ofenzukunft hat zusammen mit einer breiten Allianz aus Fachverbänden und Europa-Abgeordneten erreicht, dass der ursprüngliche Entwurf zurückgezogen wurde. Nun geht es darum, praxisgerechte und realistische Vorgaben zu schaffen, die den Klimaschutzzielen gerecht werden und gleichzeitig die Branche nicht überfordern.
Dr. Johannes R. Gerstner: Herr Eichel, wie haben Sie den Rückzug des ersten Entwurfs der Ecodesign-Richtlinie wahrgenommen und welche Rolle spielte dabei die Allianz um #ofenzukunft?
Guido Eichel: Wir waren sehr erleichtert, dass der ursprüngliche Entwurf gestoppt wurde. Er hätte die Betriebe mit unrealistischen Fristen und extrem engen Grenzwerten überfordert. Durch unsere Initiative #ofenzukunft und den engen Austausch mit EU-Abgeordneten konnten wir verdeutlichen, dass solche Vorgaben die Produktions- und Zulassungsprozesse im Ofenbau- und Zulieferermarkt schlicht überspannen. So wurde der Fahrplan für eine sachgerechte Überarbeitung geöffnet.
Dr. Gerstner: Im ersten Entwurf war eine sehr kurze Frist bis Juli 2027 vorgesehen. Warum halten Sie dieses Zeitfenster für nicht realistisch?
Guido Eichel: Eine Frist bis Juli 2027 mag auf den ersten Blick großzügig erscheinen, in Wahrheit ist sie aber viel zu knapp bemessen. Die Entwicklungszyklen im Ofenbau liegen oft bei zwei bis drei Jahren, hinzu kommen lange Zertifizierungszeiträume. Selbst bereits existierende Modelle müssten für die neuen Vorgaben erneut zertifiziert werden. Wir brauchen deshalb mindestens vier Jahre, um Innovationen flächendeckend einzuführen und unsere Lieferketten nicht zu überlasten – und selbst das setzt sinnvolle Übergangsfristen voraus.
Dr. Gerstner: Welche drei zentralen Aspekte müssen aus Ihrer Sicht jetzt in den Verhandlungen berücksichtigt werden?
Guido Eichel: Erstens braucht es einen angemessenen Zeitrahmen für Entwicklung und Zertifizierung neuer Geräte. Zweitens dürfen die Grenzwerte nur auf einer evidenzbasierten Datengrundlage beruhen – wie etwa den aktuellen Zahlen des Umweltbundesamts, das für Deutschland einen Rückgang der PM₂,₅-Konzentration von 15,9 µg/m³ im Jahr 2010 auf 9,3 µg/m³ im Jahr 2021 meldet. Und drittens muss das Prüfverfahren praktikabel und kosteneffizient ausgestaltet sein, damit die Hersteller mit vertretbarem Aufwand repräsentative Mustergeräte nachweisen können, statt unzählige Einzelprüfstände zu blockieren.
Dr. Gerstner: Welches Potenzial sehen Sie in modernen Holzöfen für den Klimaschutz und die Energieversorgung?
Guido Eichel: Holzöfen sind gegenüber fossilen Brennstoffen nahezu CO₂-neutral und können in Spitzenlastsituationen das Stromnetz entlasten. Sekundärtechniken wie Katalysatoren, elektrostatische Staubabscheider oder automatische Abbrandsteuerungen müssen in der neuen Gesetzgebung anerkannt werden. Wenn Europa nicht auf die dezentrale Versorgung durch Holzöfen verzichten will, darf die Resilienz gegenüber Blackouts, Dunkelflauten und Cyberangriffen nicht durch überzogene Vorgaben geschwächt werden.
Dr. Gerstner: Zum Schluss: Was erwarten Sie sich von der Kommission und den Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen Ende Juni?
Guido Eichel: Ich freue mich sehr, dass es endlich weitergeht. Die Branche braucht dringend Planungssicherheit. Mein Appell an die Kommission lautet: Bringen Sie alle Perspektiven an den Tisch – von Umweltbehörden bis zum Handwerk – und schaffen Sie eine Regelung, die praxisnah, evidenzbasiert und umsetzbar ist.