Der Handlungsbedarf in der deutschen Klimapolitik bleibt groß, wenngleich es erkennbare Fortschritte gibt. Aber: Die in den vergangenen Jahren beobachtete Geschwindigkeit der THG-Emissionsminderung würde nicht ausreichen, um das gesetzlich festgelegte Klimaziel für das Jahr 2030 zu erreichen. – Das ist die Kernaussage des neuen Zwei-Jahres-Gutachtens des Expertenrats für Klimafragen (ERK), das jetzt in Berlin präsentiert wurde. Der Expertenrat ist ein unabhängiges wissenschaftliches Gremium, das überwacht, ob und wie die Ziele des Bundes-Klimaschutzgesetzes erreicht werden.
Emissionen sinken schneller
Die Zwei-Jahres-Bilanz startet mit guten Nachrichten: Die Emissionen in Deutschland sind zuletzt schneller gesunken als in der Vergangenheit. Das liegt vor allem an dem unerwartet raschen Ausbau erneuerbarer Energien. Und in der Industrie sind die Treibhausgasemissionen zurückgegangen, weil die Wirtschaft schwächelt. Das ist jedoch keine gute Nachricht.
Ziel im Gebäudesektor verfehlt
Außerdem werden die Klimaziele sowohl im Verkehrs- wie auch im Gebäudesektor weiterhin verfehlt. Und auch die Landnutzung bereiteten den Wissenschaftlern Sorgen. Böden, Wälder und Moore sollen eigentlich CO2 speichern. Doch weil es vielen Wäldern unter anderem wegen der Belastung durch Dürre schlecht geht, ist auch hier die Treibhausgasbilanz schlecht. Insgesamt reichen die bisherigen Anstrengungen nicht, um die für 2030 geplanten Klimaziele zu erreichen, so der Beirat.
Förderprogramme überarbeiten
In Zukunft müssen noch deutlich mehr Häuser saniert und klimafreundliche Heizungen eingebaut werden. Dabei sollten laut Expertenrat Menschen mit niedrigem und mittlerem Einkommen stärker finanziell gefördert werden, zum Beispiel mit nach Einkommen gestaffelten Förderprogrammen.
Neue Regierung soll Klimakabinett einrichten
Der neuen Bundesregierung empfiehlt der Expertenrat, Wirtschaft und Energie ministerseitig zu entkoppeln und stattdessen wieder ein Klimakabinett einzuführen. Zudem regt der ERK die Einführung eines systematischen Monitoring- und Evaluationssystems an, das die Wechselwirkungen mit anderen Politikbereichen analysiert und Zielkonflikte offenlegt. „Für die zukünftige Ausgestaltung von Klimaschutzprogrammen müssen mögliche Zielkonflikte aber auch Synergien und Co-Benefits mit der Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik einbezogen und in den gesellschaftlich-politischen Diskurs eingebracht werden“, so der ERK-Vorsitzende Hans-Martin Henning.
Zielkonflikte besser betrachten
Die Frage nach der Finanzierbarkeit muss nach Ansicht des 2020 eingesetzten Expertenrats bei der Planung und Priorisierung von Klimaschutzmaßnahmen eine zentrale Rolle spielen. Unter anderem wird dabei auf die hohen Investitionssummen für die Transformation hin zur Treibhausgasneutralität verwiesen. Der sektorenübergreifende Umfang der projizierten Transformationsinvestitionen liegt laut Schätzungen des ERK in einem Bereich von 135 bis 255 Mrd. Euro pro Jahr. Diese Bandbreite entspricht 3,2 bis 6 Prozent des deutschen BIP im Jahr 2023.
Kosten bis zu 250 Mrd. Euro – pro Jahr!
„Die Analyse der betrachteten Studien zeigt, dass die projizierten Investitionen einen relevanten Anteil der erwarteten Wirtschaftsleistung Deutschlands ausmachen würden“, sagte Ratsmitglied Thomas Heimer. „Um zu beurteilen, in welchem Umfang und wie Transformationsinvestitionen gestemmt werden können, sollte die Bundesregierung deshalb in ihrer mehrjährigen Finanz- und Wirtschaftsplanung diese ausdrücklich berücksichtigen.“
Dokument zum Download
Das ganze Gutachten (PDF, 295 Seiten) finden Sie hier: https://bscw.bund.de/pub/bscw.cgi/d315529602/ERK2025_Zweijahresgutachten-2024.pdf
