Prof. Dr. Ingo Hartmann spricht mit der #ofenzukunft über Anforderungen der Luftreinhaltung – und seine Meinung zur Branche
Die Initiative #ofenzukunft möchte für Wissenstransfer und Meinungsbildung im Bereich Biomasse sorgen. Dazu gehört auch eine Interviewreihe, die sie gemeinsam mit der Zeitschrift Kachelofen & Kamin veröffentlicht. Befragt werden Expertinnen und Experten aus Politik, Forschung und der Industrie. In der aktuellen Ausgabe stellt sich Prof. Dr. Ingo Hartmann den Fragen von Dr. Johannes R. Gerstner.
Dr. Johannes R. Gerstner: Lieber Professor Dr. Hartmann, lieber Ingo, seit Jahren kämpfst du für Luftreinhaltung. Mit oder gegen die Ofenbranche?
Prof. Dr. Ingo Hartmann: Zunächst einmal ist für mich der Holzofen ein wichtiger unverzichtbarer Baustein im Heizsystem moderner Gebäude. Allerdings sind dabei Voraussetzungen zu erfüllen. Dazu zählt ein möglichst emissionsarmer Betrieb und eine effektive sowie effiziente Betriebsweise. Neue Anlagen, ausschließlich integriert in das Heizsystem von Gebäuden, sollten also technische Innovationen beinhalten und den besten Stand der Technik möglichst vollständig abbilden. Das ist nur in Zusammenarbeit mit der Ofenbranche möglich!
Dr. Johannes R. Gerstner: Was sind für dich die erfolgversprechendsten Maßnahmen, damit der Kamin- oder Kachelofen sein volles ökologisches Potenzial ausspielen kann?
Prof. Dr. Ingo Hartmann: Das sind ganz klar die technischen Möglichkeiten zur Emissionsminderung, die aber leider noch nicht ausreichend im Markt angekommen sind. Durch Verbrennungsluftregelungen, Katalysatoren und Staubabscheider lassen sich Holzöfen emissionsarm betreiben. Zusätzlich zu den technischen Maßnahmen sind die Bürgerinnen und Bürger zu schulen, so dass typische Betriebsfehler, wie beispielsweise zu viel oder zu wenig Verbrennungsluftzufuhr, vermieden werden. Auch die richtige Holznachlegeweise und die optimalen Brennstoffeigenschaften sollten allen Personen bekannt sein, die einen Holzofen betreiben. Am Ende muss es hier eine Pflicht zum Ofenführerschein geben.
Dr. Johannes R. Gerstner: Thema Abscheider – wenn diese Technologie so effektiv ist, warum ist sie dann nicht verbreiteter?
Prof. Dr. Ingo Hartmann: Der Hauptgrund ist, dass Abscheider zusätzliche Kosten verursachen. Solange die aktuellen Grenzwerte bei der Typprüfung auch ohne Abscheider eingehalten werden, wird sich der Abscheider ohne zusätzliche Förderung nicht durchsetzen können. Das führt leider auch dazu, dass die Praxisbetriebserfahrungen an Abscheidern wegen der kleinen Stückzahl im Bestand noch gering sind. Zudem sind durch den niedrigen Abscheiderabsatz die Produktionskosten pro Stück noch relativ hoch. Durch eine Steigerung der Absatzzahlen erwarte ich in Zukunft einen deutlich sinkenden Stückpreis und damit eine noch breitere Marktdurchdringung.
Dr. Johannes R. Gerstner: Mein Eindruck ist, dass öffentliche Forschungsaufträge im Bereich Biomasse deutlich weniger werden. Ist die Holzwärme aus dem Energiemix schon abgeschrieben?
Prof. Dr. Ingo Hartmann: In der Tat ist es momentan schwierig, für Forschungsprojekte im Bereich der energetischen Biomassenutzung Forschungsmittel einzuwerben. Das ist damit zu begründen, dass die Konkurrenz sehr groß ist. Viele aufwendige Entwicklungen im Bereich der Energie- und Umweltforschung müssen aktuell richtigerweise mit Forschungsmitteln gefördert werden, damit wir in Deutschland bis 2045 klimaneutral werden können. Zur Wahrheit gehört es leider aber auch, dass Wärme aus Holz ohne die Praxiseinführung der bereits verfügbaren Innovationen nicht zukunftsfähig wäre. Dieser Herausforderung muss sich die Ofenbranche stellen und möglichst schnell dazu beitragen, dass die Holzöfen möglichst weitgehend emissionsarm und effizient werden.
Dr. Johannes R. Gerstner: Was ist dein Rat an die Ofenbranche, was muss jetzt passieren, damit der Ofen auch in Zukunft ökologische Wärme in die Wohnzimmer bringt?
Prof. Dr. Ingo Hartmann: Die schon lange bekannten Möglichkeiten zur Emissionsminderung sind essenzielle Bauelemente im Ofensystem der Zukunft und müssen in der Branche endlich den entsprechenden Stellenwert bekommen. Nur durch Innovationen bei neuen Anlagen und auch im Nachrüstgeschäft für Bestandsanlagen kann die Zukunft der Branche gesichert werden. Eine schnelle Marktdurchdringung der Emissionsminderungstechnologien sollte also Ziel der Branche sein.
Danke für das Gespräch.
Zur Person:
Prof. Dr. rer. nat. Ingo Hartmann ist Leiter des Forschungsschwerpunktes „Katalytische Emissionsminderung“ am DBFZ und seit August 2008 am DBFZ als Wissenschaftler im Bereich Thermo-chemische Konversion tätig. Das Hauptziel des Forschungsschwerpunktes ist die Luftschadstoffminderung an Verbrennungsanlagen für gasförmige, flüssige und feste Bioenergieträger an Feststoffkatalysatoren. Seit November 2020 ist er als Honorarprofessor zur Luftreinhaltungstechnik an der HTWK Leipzig berufen, wo er aktuell auch eine ordentliche Professur vertritt.
Dr. rer. pol. Johannes R. Gerstner ist Experte für Energiepolitik und berät einige Branchenverbände zu Fragen der strategischen Verbandsführung, politischer Interessensführung und strategischer Kommunikation. Der gelernte und diplomierte Journalist hat Zertifikate in den Bereichen Public Affairs und Public Relations. Zu seinen Mandanten gehören unter anderen die Europäische Feuerstätten Arbeitsgemeinschaft, der Fachverband Schornsteintechnik, der Güteschutz Schornsteinsanierung und Abgasanlagen, der Zentralverband Haustechnik, der Verband Kunststoffabgasanlagen sowie die Clean Exhaust Association. Er berät auch die Initiative #ofenzukunft.